Heute vor genau 7 Jahren — am 7. November 2017 — begann ein Abenteuer, das spannender war, als ich je erwartet hätte. Ich saß im Publikum des Web Summit in Lissabon und hörte Al Gore zu, wie er eindringlich über den Klimawandel sprach. 2017 war der amtierende US-Präsident ein ungehobelter Klimaleugner, heute ist der President-elect derselbe Mann. Davon abgesehen hat sich in den 7 Jahren viel getan. Al Gores Rede berührte mich zutiefst und lenkte meine Gedanken und mein Leben in eine völlig neue Richtung. Sie wurde zum Grundstein für das, was heute das gemeinnützige Unternehmen beyond content ist.
Bevor ich erkläre, wie es zu diesem Wandel kam, blicke ich viele Jahre zurück: beyond content startete als klassische GmbH in der Kommunikationsbranche. Unser Schwerpunkt lag auf der Entwicklung und Anpassung von Content-Management-Systemen, die es unseren Kunden ermöglichten, Daten einfach zu strukturieren und zugänglich zu machen. Wir schufen Werkzeuge, mit denen unsere Kunden ihre Inhalte selbst pflegen und online präsentieren konnten. Für uns stand die Selbstständigkeit und das Empowerment unserer Kunden im Vordergrund.
Die Vorstellung, Kommunikation für gesellschaftlichen Wandel einzusetzen, war für mich damals noch sehr weit entfernt.
Am 7. November 2017 war ich bereits Stunden vor dem Vortragsbeginn in der Halle. Die Spannung im Raum war greifbar — und als der charismatische, ehemalige Vize-Präsident der USA die Bühne betrat und über den Zustand unserer Welt sprach, wurde schnell klar, dass dies kein gewöhnlicher Vortrag werden würde. Er sprach nicht nur über den Klimawandel, sondern auch darüber, wie unser Wirtschaftssystem einer dringenden Prüfung bedarf. Es muss neu gedacht und angepasst werden, damit unsere Welt — und mit ihr die Demokratie — nicht aus den Fugen gerät.
„Viele Menschen, vielleicht besonders in meinem Land, fürchten, dass unsere Demokratie gehackt wurde, und in vielen Ländern haben Eliten den Entscheidungsprozess gekapert.“ Al Gores Rede vom 7.11.2017 — Minute 2:03
Dieser Satz blieb hängen. Es ging nicht mehr nur um unsere Mitwelt, sondern ums große Ganze, um das Zusammenspiel von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Die Idee, dass ein Wandel dringend nötig war — und dass wir als Menschen neue Wege finden müssen, nachhaltiger zu leben — setzte sich tief in mir fest. Gleichzeitig wurde mir klar, dass wir die Mittel und das Know-how besitzen, dieses Problem anzugehen. Ab diesem Tag war nichts mehr wie zuvor. Die Jahre nach diesem Moment verbrachte ich damit, nach einem neuen Purpose zu suchen.
Was kann ich als Einzelner tun? Und wie kann ich meine Erfahrungen und Fähigkeiten bestmöglich nutzen? Mein Unternehmen, beyond content, war immer noch eine klassische GmbH, ein wirtschaftliches Unternehmen, das Dienstleistungen verkaufte. Doch meine Gedanken drehten sich längst nicht mehr nur um Marketing und Sales — immer stärker fragte ich mich, welchen positiven Einfluss ich wirklich ausüben könnte.
2022 begann ich gemeinsam mit Patrick Niedermayer, beyond content von Grund auf neu zu denken. Es sollte nicht mehr nur darum gehen, Kommunikation als Dienstleistung zu verkaufen. Unser Ziel war es, einen gesellschaftlichen Mehrwert zu schaffen und eine Plattform für inspirierende Geschichten und echten Wandel zu bieten. Patrick und ich hatten anschließend, für zwei Jahre, eine überaus produktive Zeit. Wir streuten Videos, Podcasts und Artikel in die Welt, konnten damit bereits viele Menschen erreichen und hatten dabei wertvolle Begegnungen. Für den großen Hebel waren wir allerdings noch zu wenige.
Interessanterweise war zu diesem Zeitpunkt noch offen, ob wir beyond content als Vehikel wählen würden oder vielleicht eine Neugründung in Betracht käme. Doch mit der Zeit wurde klar, dass der bereits gewählte Firmenname perfekt zu unserer neuen Mission passte.
Und nun zu einer Ankündigung, die mich sehr stolz macht: Letzten Monat ist beyond content gewachsen. Und zwar um mehr als 100 %. Es kamen 4 weitere Menschen dazu, die jetzt Teil unserer gemeinsamen Reise sind: Patrick Gebhardt, Michael Schindler, Nora Cudazzo und Tobias Weiland. Zu sechst für ein besseres Morgen? Wir möchten es auf jeden Fall versuchen! Unsere erste Handlung: Wir wandelten beyond content in eine gemeinnützige GmbH — eine gGmbH — um. Damit setzen wir nicht nur ein Zeichen, sondern schaffen eine Grundlage, um langfristig positiven Einfluss zu nehmen.
7 Jahre nach Al Gores Vortrag führe ich also eine gemeinnützige GmbH mit 4 Angestellten. Wahnsinn!
Es ist mir wichtig zu betonen, dass eine solche Gemeinnützigkeit nicht nur Vorteile mit sich bringt, sondern zuweilen auch praktische Herausforderungen. Plötzlich bewegen wir uns in einer Welt, die nach ganz anderen Regeln funktioniert.
Der Umgang mit dem Finanzamt veränderte sich schlagartig, und wir stehen immer wieder vor interessanten Hürden — voller spezieller Anforderungen an die Buchführung und spezifischer „Erwartungen“, die für gemeinnützige Organisationen gelten. Einige dieser Hürden werde ich bald in einem weiteren beyond beyond content-Artikel schildern. Nur so viel vorab: Es ist gar nicht mal so einfach, als gemeinnütziges Unternehmen selbst produzierte Medien zu den reinen Produktionskosten anzubieten.
Trotz aller Hürden: In einer Zeit, in der wirtschaftlicher Erfolg oft an erster Stelle steht, sind gemeinnützige Akteure wichtiger denn je. Gemeinnützige Unternehmen bringen Werte wie Nachhaltigkeit, soziale Gerechtigkeit und Verantwortung in eine Gesellschaft, die allzu oft vom kurzfristigen Profitdenken geprägt ist. Die gGmbH als Rechtsform ist mehr als nur eine Unternehmensstruktur — sie ist ein Statement, ein klares Bekenntnis dazu, dass es uns nicht um Geld geht, sondern darum, einen Beitrag für die Gesellschaft zu leisten.
Wenn ich auf diesen Weg zurückblicke, der mit Al Gores Rede vom 7.11.2017 begann, wird mir immer wieder klar, wie prägend dieser Moment für mich war. In seinem Vortrag ging Gore auch auf die psychologische Dimension der Klimakrise ein:
„Wenn wir uns verändern müssen, aber nicht die Fähigkeit dazu besitzen, ist das ein Rezept für Angst, Depression und Verzweiflung. Viele Menschen sind dann dazu geneigt zu sagen: ‚Feiern wir einfach weiter.‘“ Al Gores Rede vom 7.11.2017 — Minute 4:10
Ich habe das Gefühl, dass diese Worte besonders die jüngere Generation betreffen, die oft mit einem Gefühl der Ohnmacht angesichts globaler Herausforderungen lebt. Die Arbeit von beyond content setzt genau dort an, um diesem Gefühl etwas entgegenzusetzen. Wir erzählen Geschichten, die Mut machen, die Hoffnung und Wandel fördern — frei von den Zwängen, die profitorientierte Unternehmen oft bremsen.
Der erneute Wahlsieg Trumps mag wie ein Rückschlag wirken — aber gerade jetzt ist es wichtig, sich nicht entmutigen zu lassen. Wenn ein politisches Klima erneut die Herausforderungen des Klimaschutzes ignoriert, braucht es Stimmen, die dennoch für eine gerechte und nachhaltige Welt eintreten. Al Gore sprach 2017 davon, wie die USA trotz Trumps Rückzugsankündigung aus dem Pariser Klimaabkommen weiterhin Schritte zum Klimaschutz unternahmen, unterstützt von Bundesstaaten wie Kalifornien und New York sowie zahlreichen Städten und Unternehmen, die mit dem Hashtag #wegotthis klarmachten: „Wir bleiben dran.“ Demokratie fühlt sich oft wie eine Sisyphos-Aufgabe an, aber wir kennen keine bessere Alternative zur liberalen Demokratie, um die Herausforderungen der Zukunft zu meistern.
Erst letzte Nacht erreichte mich eine E-Mail von Al Gores Climate Reality Project. Darin schreibt er:
„We know the line to solutions is never straight or easy. But we have won major victories in tackling the climate crisis and reducing climate pollution in our country, and we will again. My greatest source of hope comes from the courage and commitment of grassroots leaders and advocates in the US and around the world who are relentlessly pushing for progress. Onward.“ Al Gore E-Mail an die Mitglieder des Climate Reality Project vom 7.11.2024
„Alles steht auf dem Spiel! Glaubt mir, in zehn Jahren werdet ihr auf dieses Jahr 2017 zurückblicken und sagen: ‚Es war ernster, als ich dachte. Die Möglichkeiten waren größer, als ich es damals realisiert habe.‘“ Al Gores Rede vom 7.11.2017 — Minute 29:50
Al Gore hatte recht. In den letzten 7 Jahren hat unsere Welt einige Chancen wahrgenommen (man schaue nur auf die Ausbauzahlen im Feld der Erneuerbaren), viele aber blieben ungenutzt. Aber auch in den nächsten 7 Jahren eröffnen sich vielversprechende Möglichkeiten — vielleicht sehe ich sie jetzt sogar klarer als je zuvor. Die Transformation zur gGmbH eröffnet uns neue Wege. Als gemeinnützige Organisation setzen wir auf ein Kommunikationsmodell, das jenseits von reinem Profitdenken funktioniert. Mit Geschichten, die Wandel anstoßen und Hoffnung wecken, verstehen wir uns als Wegbereiter und Unterstützer einer besseren, nachhaltigeren Gesellschaft.
Und so zieht dieser „Schneeball“ immer weitere Kreise. Die Entscheidung, beyond content neu zu denken und in eine gemeinnützige GmbH umzuwandeln, hat nicht nur mein eigenes Leben verändert, sondern auch das vieler Menschen in meinem Umfeld. Nora, unsere zwei Patricks, Michael und Tobias sind mit mir ein Teil dieser Reise, und gemeinsam arbeiten wir daran, eine Welt zu schaffen, die ein lebenswertes Zuhause für alle ist. Dieser Weg mag voller Herausforderungen sein, aber die Mission, die wir verfolgen, ist es wert.
— Übrigens: Ich dachte mir, dass „beyond beyond content“ ein schönes Format wäre, um in regelmäßigen Abständen über die Ziele und Meilensteine dieser gemeinsamen Reise zu informieren. Wo wagen wir uns vor? Welche Learnings ziehen wir aus unseren Projekten? Und was denken wir so allgemein — zum Zustand der Welt, aber auch zu aktuellen Nachrichten? Gern eindeutig, vielleicht auch streitbar. Nicht wundern, wenn schon bald ein neues „beyond beyond content“ hier auf dieser Website erscheint.